Desrumaux,
Martha
Martha Desrumaux wurde am 18. Oktober 1897 in Comines/Nordfrankreich
geboren. Sie wuchs mit sechs Geschwistern in einer armen Familie auf, so
dass sie bereits mit neun Jahren als Dienst-mädchen in einer bürgerlichen
Familie in Lille arbeiten musste. Bald darauf wurde sie Textilarbeiterin in
der Fabrik Cousin de Comines. Mit 13 Jahren wurde Martha Desrumeaux Mitglied
der Gewerkschaft CGT und mit 15 Jahren schlossen sie und ihr jüngerer Bruder
sich der Sozialistischen Jugend (Jeunesses socialistes) an und nahmen bald
an vielen Treffen in Comines und an Demonstrationen in Lille teil.
Zu Beginn des Krieges 1914-1918 wurden Martha Desrumeaux und ihre
Familie nach Lyon evakuiert. Martha fand einen Job in den Textilfabriken von
Hassebroucq. 1917 übernahm sie die Führung der Streikenden, um die Aufhebung
einer Wohnungsbaupflicht in den Arbeitsverträgen zu erreichen, die sich auf
die Löhne der Arbeiter auswirkte.
Mitglied der Kommunistischen Partei Frankreichs wurde Martha Desrumaux 1921,
kurz nach deren Gründung. 1927 war sie die erste Frau, die in das
Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Frankreichs gewählt wurde.
Am 1. August 1929 wurde sie wegen Verschwörung gegen die innere und äußere
Sicherheit des Staates verhaftet und gegen Kaution freigelassen. Im November
1929, nach ihrer Aktion während des Halluin-Streiks, wurde sie wegen
"Verschwörung gegen die innere Sicherheit des Staates" angeklagt und am 15.
Februar 1930 vom Strafgericht Lille zu acht Tagen Bewährungsstrafe
verurteilt, zu denen noch fünfzehn Tage Bewährungsstrafe und eine Geldstrafe
von 25 Franken wegen "Gewalt und Körperverletzung" hinzukamen.
Sie lernte Louis Manguine kennen und sie heirateten
Nach gemeinsamen Kämpfen und unter dem Druck der Arbeiter schlossen sich die
beiden Gewerkschaften CGTU und CGT in Frankreich im März 1936 zusammen.
Martha Desrumaux vertrat die CGTU beim Zusammenschluss mit der CGT. Sie war
das einzige weibliche Mitglied der Arbeiterdelegation zu dem
Matignon-Abkommen* von 1936.
1936 war sie außerdem zusammen mit Danielle Casanova an der Schaffung der
«Vereinigung junger Mädchen Frankreichs » (l'Union des jeunes filles de
France) beteiligt, die sich für die Emanzipation junger Frauen und die
Gleichstellung der Geschlechter einsetzte.
Martha Desrumaux setzte sich aktiv für die II. Spanische Republik ein. In
den Jahren 1936-1937 hatte sie die Rekrutierung von Kämpfern der
Internationalen Brigade im Norden organisiert, insbesondere unter polnischen
Bergleuten. Sie hatte auch dafür gesorgt, dass 300 spanische Kinder von
Spanien nach Frankreich einreisen konnten und hat geholfen, sie in Familien
unterzubringen.
Durch das Verbot der Kommunistischen Partei am 26. September 1939 war Martha
im September 1939 gezwungen, gemeinsam mit dem Führer der Kommunistischen
Internationale, Eugen Fried, nach Belgien zu fliehen. Nachdem im Mai 1940
das Nord-Pas-de-Calais von der deutschen Wehrmacht besetzt wurde, kehrte sie
nach Lille zurück und reorganisierte illegal die verbotene Kommunistische
Partei Frankreichs. Gemeinsam mit Jules Domisse und Germinal Martel gründete
Martha Desrumeaux die ersten Gruppen, die durch Sabotage und später
bewaffnet gegen die deutschen Okkupanten für die Freiheit Frankreichs
kämpften.
Am 26. August 1941 wurde sie in Lille von der Gestapo verhaftet und im März
1942 in das Lager Ravensbrück deportiert. Sie arbeitete im Bad und hatte
daher Kontakt zu jeder neu ankommenden Gefangenen. Sie half den Schwachen
und sprach den Verzagenden Mut zu. Sie war eine wichtige Stütze des
internationalen Netzwerkes der Solidarität in Ravensbrück. Bei verschiedenen
Aktionen half sie, die Kontakte zwischen den Frauen in den verschiedenen
Blocks herzustellen, übermittelte Nachrichten, organisierte solidarisches
Handeln unter den französischen Gefangenen. Mit Yvonne Useldinger
(1921-2009, Luxemburg) teilte sie sich zeitweise eine Schlafstelle und
übernahm für sie die Rolle einer „Lagermutter“.
Im April 1945 erlebte sie die Befreiung.
Martha wurde am 17. Juli 1945 in die vorläufige konstituierende Versammlung
gewählt. Sie konnte aber die Arbeit wegen des Typhus, den sie sich im
Konzentrationslager zugezogen hatte, nicht aufnehmen.
Als Arbeiterin und Feministin hat sie sich immer dafür eingesetzt, dass
Mädchen und Frauen Verantwortung in der Arbeiterbewegung und in politischen
Organisationen übernehmen können.
Beim Nationalverband der Deportierten und Internierten, Widerstandskämpfer
und Patrioten (Fédération nationale des déportés et internés résistants et
patriotes - FNDIRP) setzte sie sich dafür ein, die Werte und das Gedenken
der Deportierten weiterzugeben. Sie setzte sich weiterhin für die
Emanzipation der Frauen in der 1945 gegründeten Union der l’Union des femmes
françaises ein.
Martha Desrumaux starb am 30. November 1982 in Evenos, am selben Tag wie ihr
Ehemann Louis Manguine, selbst ein ehemaliger Gewerkschafter.
*Matignon-Verträge (1936):Die Verträge wurden in der Nacht vom 7. auf den 8.
Juni 1936 im Hôtel Matignon, dem Regierungssitz, zwischen der Vertretung der
Unternehmer (Confédération générale de la production française, CGPF), der
Gewerkschaft Confédération générale du travail (CGT) und dem französischen
Staat geschlossen. Die Gewerkschaften konnten in der Folge die
40-Stunden-Woche und den bezahlten zweiwöchigen Urlaub durchsetzen.[1] Auch
ihre innerbetrieblichen Rechte wurden gestärkt.[2] Die Nationalversammlung
beschloss das Gesetz zum bezahlten Urlaub am 20. Juni 1936[3] und das Gesetz
zur Arbeitszeitreduzierung am folgenden Tag.
Quellen: The unknown story of pioneering French feminist Martha Desrumaux;
Wikipedia;
Colloque International – Paris – 24. – 26. Oktober 2018 – Vortrag: Pierre
Outteryck (Frankreich) – IRHIS – Universitè de Lille III: DESRUMEAUX Martha
[DESRUMAUX Marthe, Chrysoline, dite]
KAW (Hrsg.), zusammengestellt von Erika Buchmann, „Die Frauen von
Ravensbrück“, S. 126, Kongress-Verlag Berlin, 1959
DESRUMEAUX Martha [DESRUMAUX Marthe, Chrysoline, dite]