Im
Hof-Piguet, Anne-Marie
Anne-Marie
wurde am 12.04.1916 geboren. Sie wuchs im Valèe de Joux auf und schloss
1940 ihr Studium an der Universität Lausanne ab.
Im Rahmen des Roten Kreuzes betreute sie mit Gleichgesinnten spanische und
jüdische Kinder, deren Eltern gefährdet oder verschollen waren.
Sie arbeitete für die Kinderhilfe des Schweizerischen Roten Kreuzes in der
Kinderkolonie Montluel, später dann im Schloss La Hille bei Toulouse.
Als die Nazis auch den Süden Frankreichs besetzten, wurde die Lage für die
auf dem Schloss lebenden jüdischen Flüchtlingskinder immer bedrohlicher.
Entgegen der Schweizer Flüchtlingspolitik und den Anweisungen des SRK
entschied sie sich, bedrohte jüdische Jugendliche illegal über die
Schweizer Grenze zu führen.
1943 entschloss sie sich erstmals mit zwölf Kindern aus dem Lager
Rivesaltes zur Flucht in die Schweiz. Sie verhalf bis 1944, noch vielen
jüdischen Kindern zur Flucht. 1944 verließ sie Frankreich.
Die 22jährige Victoria Cordier, die in der Résistance tätig war,
unterstützte sie in ihrem illegalen Vorhaben.
Die Flüchtlinge waren vielen Gefahren auf ihren Weg in die Schweiz
ausgesetzt. Nicht nur, dass die französische Polizei und deutsche Soldaten
sie jederzeit festnehmen konnten, auch auf der Schweizer Seite drohte
Gefahr.
Die Schweizer Zöllner hatten die Anweisung, Flüchtlinge festzunehmen und
der französischen Polizei auszuliefern.
Mit gutem Gewissen hatte Anne-Marie das Gesetz missachtet, so wie viele
andere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des SRK in den nichtbesetzten
Gebieten in Frankreich.
Das Lager Rivesaltes hatte seit 1938 Flüchtlinge aus dem Spanischen Krieg
beherbergt und inzwischen Juden verschiedener Nationen. Hilfswerke durften
sich immerhin der Kinder annehmen. Anne-Marie widmete ihr ganzes Leben
entrechteten und verfolgten Menschen.
1944 kehrte sie in die Schweiz zurück und trennte sich vom SRK.
Nach dem Krieg unterrichtete sie in Basel. Hier lernte sie ihren Ehemann
Ulrich Im Hof kennen. Sie zogen nach Bern, wo sie als Lehrerin arbeitete.
40 Jahre lang schwieg sie über ihre Arbeit in Frankreich während des II.
Weltkrieges. 1985 veröffentlichte sie ihre Memoiren, die über die Rolle
des SRK während des Krieges heftige Diskussionen auslösten.
Sie wurde 1991 für ihren Einsatz für die jüdischen Kinder mit der
Ehrenmedaille der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem im Jerusalem
ausgezeichnet.
Anne-Marie Im Hof starb am 18. Dezember 2010 in Bern.
Quellen:
Helena Kanyar Becker: Vergessene Frauen - Schwabe Verlag Basel 2010