Vincent, Lisette, Marie - Algerien/Frankreich
Lisette wurde am 2. Mai 1908 in Marnia
(Algerien) geboren. Ihre Eltern waren als Siedler nach Algerien gekommen.
Nach dem Gymnasium trat sie in die Ecole Normale in Oran ein.
Lisette und ihre Schwester Renee waren Lehrerinnen in Dörfern bei Oran.
Ein Lehrer weckte das Interesse beider Schwestern für die neuen
pädagogischen Methoden von Montessori und Decroly.
Beide Schwestern waren Mitglied der Sozialistischen Partei (SFIO) und
traten in die Kommunistische Partei Algeriens ein.
Im Jahr 1934 nahm Lisette an dem von der CGT organisierten nationalen
Streik teil. Die Welle rechtsextremer Gewalt, die Oran traf, richtete sich
auch gegen Lisette. Es gab einen Attentatsversuch. Lisette entschied sich
Algerien zu verlassen.
In Frankreich heiratete sie Fédéric Urfelds, der später als Freiwilliger
nach Spanien ging.
Lisette entschloß sich ebenfalls als Freiwillige in das republikanische
Spanien zu reisen. Dort kam sie im April 1937 an.
" Ich befinde mich in Barcelona, im Büro der Frauensekretärin der
Internationalen Rotkreuzhilfe. Ich teile dem Sekretär meinen Wunsch mit,
meinen spanischen Kameraden so gut ich kann zu helfen. Ich bin Lehrerin,
aber ich habe auch ein Diplom als Krankenschwester. Ich weiß, wie man
kocht, wäscht, tippt, Auto fährt, näht und putzt. Noch nie zuvor habe ich
meine Zeugnisse und Fähigkeiten in dieser Weise zur Kenntnis gebracht. »
Sie wurde einer Schule zugewiesen, die gerade von den verwundeten
Brigadisten des Krankenhauses Nr. 5 in Santa Coloma de Farnes für die
Kinder von Flüchtlingen aus anderen Teilen Spaniens eingerichtet wurde.
Dort setzt sie ihre pädagogischen Ideen in die Praxis um. Sie arbeitete
ein Jahr nach der Methode Célestin Freinet an der Schule.
Liaette kehrte zu Ostern 1938 nach Frankreich zurück. Sie war Teil
der spanischen Flüchtlinge, die in Richtung der französischen Grenze
flohen.
Bei ihrer Ankunft in Paris berichtete sie von den unmenschlichen
Bedingungen bei der Aufnahme der spanischen Flüchtlinge in Frankreich.
Sie verlässt mit einem Ärzteteam die Stadt, um sich um die Kranken in
Prats de Mollo zu kümmern, einer Gemeinde an der französischen Grenze zu
Spanien, im Département Pyrénées-Orientales in der Region
Okzitanien.
Im Frühjahr 1939 kehrte sie nach Algerien zurück.
In Oran gehörte Lisette mit noch zwei Kämpfern der Internationalen
Brigaden, Laban und Raffini, dem Zentralkomitee der Kommunistischen Partei
Algeriens an.
Als Mitglied der Kommunistischen Partei Algeriens zu Beginn des II.
Weltkrieges unterlag sie Repressionsmaßnahmen der Regierung Algeriens. Sie
wurde aus dem Schuldienst entlassen, im August 1941 verhaftet und im Mai
1942 von einem Militärgericht zum Tode verurteilt. Das Urteil wurde nach
einer starken Protestbewegung nicht durchgeführt.
Nach der US-Landung im November 1942 befreit, trat sie der Nationale
Befreiungsfront (FLN) bei. Sie kämpfte in den fünfziger und
sechziger Jahren für die Unabhängigkeit Algeriens.
Lisette verließ das Land in den 70er Jahren und lebte nun in
Fontaine/Frankreich.
Einmal noch kehrte sie nach Algerien zurück, wo sie einen begeistert
Empfang wurde.
Lisette Vincent starb am 13. Juli 1999 in Fontaine (Isère).
Die Freinet-Pädagogik wurde seit ca. 1920 in der Reformpädagogik von
Célestin Freinet (1896–1966) zusammen mit seiner Ehefrau Élise Freinet
(1898–1983) in Frankreich entwickelt. In ihr sind viele reformpädagogische
Elemente zu einem einheitlichen Konzept vereint. Heute ist die
Freinet-Pädagogik in vielen Ländern verbreitet. In der von den Freinets in
Vence gegründeten Schule, damals die Ecole Moderne – heute die École
Freinet, wurden 1934 die ersten Schüler unterrichtet.
Montessoripädagogik ist ein von Maria Montessori ab 1907 entwickeltes und
namentlich in Montessori-Schulen angewandtes pädagogisches
Bildungskonzept, das die Zeitspanne vom Kleinkind bis zum jungen
Erwachsenen abdeckt. Sie beruht auf dem Bild des Kindes als „Baumeister
seines Selbst“ und verwendet deshalb zum ersten Mal die Form des offenen
Unterrichts und der Freiarbeit. Sie kann insofern als experimentell
bezeichnet werden, als die Beobachtung des Kindes den Lehrenden dazu
führen soll, geeignete didaktische Techniken anzuwenden, um den
Lernprozess optimal zu fördern. Als Grundgedanke der Montessoripädagogik
gilt die Aufforderung „Hilf mir, es selbst zu tun“. (Wikipedia)
Quelle: Jean-Luc Einaudi, Un rêve algérien, histoire de Lisette Vincent,
une femme d’Algérie, PUF, 2001;
Moskauer Archiv RGASPI F.545 Op.2 D.167
http://brigadesinternationales.fr/wiki/VINCENT_Lisette