Volsenove, Era
(Volhssenovec, Era)
Era wurde am 08.12.19.O9 in Polen geboren, war verheiratet und von Beruf
Krankenschwester. Sie war seit 1932 Mitglied der Kommunistischen Partei
Lettlands. Ihre Familie gehörte dem Kleinbürgertum an. In ihrem Wohnviertel
war sie an der Agitation und Propaganda für die Kommunistische Partei
beteiligt und hatte eine Funktion in der Partei in Riga. Aus politischen
Gründen wurde sie verhaftet und zu zwei Jahren und acht Monate Gefängnis
verurteilt.
Am 08.04.1937 kam sie nach Spanien, wurde dem Sanitätsdienst der
Internationalen Brigaden zugeteilt und arbeitete als Krankenschwester im
Hospital in Murcia, im Mai 1937 im Hospital der im 45. Division und
später in den Hospitälern in Albacete, Casa Rojo in Murcia, Casa Luckas in
Madrid, Tarancón und ab April 1938 in S'Agaró.
Era erzählt: „Es ist spät nachts, im Juni, als unsere Ambulanz nach
langstündiger Fahrt auf schlechter Straße das Ziel erreicht—einen kleinen
Ort, 80 km von der einen und 30 km von der anderen Front entfernt.
Unsere Arbeit ist dringend. Wir müssen ein Evakuations-Zentrum aufbauen.
Station für 30—40 Ambulanzen, die aus den Front-Hospitälern und ersten
Hilfsplätzen die Verwundeten in unser Hospital bringen, wo sie erste
gründliche Pflege, Behandlung und gutes Essen bekommen. Nach einigen Tagen
werden sie, je nach der Schwere ihres Falles, weitertransportiert. Die
bevorstehende Offensive verspricht viel Arbeit bei Tag und Nacht und wir
mussten einen guten organisatorischen Apparat aufbauen, um allen
Anforderungen gerecht zu werden.
Was fanden wir vor? Ein unhygienisches, von Schmutz starrendes Haus. Und
da setzen wir nun mit ganzer Kraft an. Mit unserem Arzt Dr. K. an der
Spitze wird nun „organisiert“. Alles zum Hospitalbetrieb Notwendige wird
beschafft und die Einrichtung beginnt. Es ist eine ungeheure Arbeit und
viel Schwierigkeiten gilt es zu überwinden.
Einige Tage später ist unser „Haus“ verwandelt, zu einem Spital geworden.
Sauber leuchten die Säle, sauber die Betten, sauber und zufrieden die
verwundeten Kameraden. Sie fühlen sich zuhause bei uns und möchten nicht
fort. Das ist der beste Dank für unsere Arbeit.
Da liegt ein polnischer Junge, schwer verwundet. Man rechnet kaum damit,
ihn retten zu können. Verbittert und geschwächt durch seine Verwundung
liegt er in seinem Bett, ohne von uns Notiz zu nehmen.
Der Arzt setzt sich an sein Bett, er findet gleich die richtigen Worte,
den richtigen Ton. Der Junge glaubt an ihn. Er vertraut ihm und nach
wochenlanger, aufopfernder Pflege verlässt ein geheilter, seelisch und
körperlich wieder hergestellter Kämpfer das Spital.
Überhaupt unser Doktor! Überall ist er. Überall hilft er. Ob es die
Chauffeure sind, ob es die kleinen spanischen Hilfsschwestern sind, ob es
die Zivilbevölkerung ist - unser Doktor gewinnt alle im Flug. Er findet
für jeden das richtige Wort.
Kilometerweit müssen die Lebensmittel (Eier, Zucker) herangebracht werden.
Hochsommer. Es ist sehr heiß. Unsere Verwundeten leiden unter der Hitze
und den Anstrengungen des Transportes. Wir fanden die Möglichkeit Eis zu
besorgen. Unsere Kameraden werden nun bei Tag und bei Nacht mit Speiseeis
erfrischt.
Wir organisieren die Erziehungsarbeit des Hilfspersonals. Die jungen
Mädels, die bei uns arbeiten, kennen noch nicht alle den Sinn dieser hier
Arbeit. Wir beginnen sie ernsthaft zu unterrichten. Schon bald zeigen sich
die Erfolge.
Unter anderem richten wir einen Analphabeten-Kursus ein. Auch eine
33-jährige Frau nimmt daran teil. Dann beginnen wir einmal wöchentlich in
unserem Speiseraum gute Filme zu zeigen. Auch Bälle werden veranstaltet
und das Verhältnis zur Bevölkerung wird immer wärmer. Am 18. Juli
veranstalteten wir ein großes Fest, für 800 Kinder. Durch dieses Fest
wurden die Beziehungen zur Bevölkerung noch herzlicher. Zwei russische
Filme wurden von den Zuschauern mit brausendem Beifall aufgenommen. Sie
sprangen von den Stühlen, klatschten in die Hände vor Begeisterung. Als
Abschluss des Festes verteilten wir Limonade, Konfitüre und Schokolade.
Bald bürgerte sich bei der Bevölkerung die Gewohnheit ein, mit jeder
Wunde, mit jedem Verband zu uns zu kommen. Immer fanden sie Pflege und
Hilfe. Aber auch die Bevölkerung half uns. Die Frauen des Dorfes besserten
die Wäsche für unsere Verwendeten aus, brachten Orangen, Melonen...
Wir haben uns alle Mühe gegeben, die uns gestellte Aufgabe zu lösen. Auch
unsere Fehler sind uns bekannt.
Vieles kann noch verbessert werden. Erst wenn alle Mängel beseitigt sind,
dürfen wir sagen: Wir haben die uns vom Sanitätsdienst übertragene Aufgabe
gelöst.“
(Auszug aus „Wir kämpften mit! Antifaschistische Frauen vieler Nationen
berichten aus Spanien“ von Gusti Jirku, S. 73-75)
Quellen: Fernanda Romeu Alfaro: Mujeres en las Brigadas Internationales;
Moskauer Archiv RGASPI. F. 545. Op. 6. Ä. 30 ,
RGASPI. F. 545. Op. 6. Ä. 48
Foto aus „Wir kämpften mit! Antifaschistische Frauen vieler Nationen
berichten aus Spanien“ von Gusti Jirku, S. 73-75